Malt! Spielt! Malspiele mit euren Kindern.

Kinder können noch spielend malen. Warum das so wertvoll ist.

Malt ihr noch? Unbeschwert, einfach drauflos? Super! Und eure Kinder, lasst ihr sie so malen? Spielend, unbekümmert, und ohne Angst vorm Ergebnis, weil es „nicht schön“ werden könnte. Erwachsenen-Ängste und Hemmungen, geprägt von Normen und Erfahrungen aus der eigenen Kindheit. Kinder malen noch anders: Mit viel Fantasie, Kreativität und Spaß am selbst Gestalten, spontan und frei. Jedes Kind auf seine Weise. Glückliches Malen. Was ihr dazu beitragen könnt, damit eure Kids stolze und glückliche kleine Maler und Malerinnen sind und bleiben: Schaut euch meine Tipps dazu aus dem Praxisalltag an. Damit das Malen so lange wie möglich ein Spiel bleibt für eure Kinder!

Das Tornadowasser.

Tom malt. Kräftige Temperafarben, schwarz, Goldpigmente… er wäscht seinen Pinsel im Wasserglas aus… und entdeckt den Tornado darin! So was Schönes! Schade wäre es gewesen, hätte man das Wasser, weil’s dreckig ist, ganz schnell weggeschüttet. Inspiration aus dem Wasserglas. Spielend weiter malen.

Ich kann nicht malen!

Ihr erinnert euch an die Schule, Kunst, BK, Malunterricht? Es gab Noten auf ‚Kunst‘! Öfter mal falsch gemalt? Die einen mehr, die anderen weniger. Erfahrungen, die hängen bleiben. Wer von euch kann noch unbedarft drauflosmalen? Unbeschwert nach Herzenslust, unangepasst, ohne Versagensängste? Nur Pinsel, Farben, viel Papier und Fantasie. Bilder entstehen lassen. Lust drauf?

„Ich kann nicht malen!“ Dass ist oft die erste Reaktion unserer erwachsenen Patienten in der Therapie, wenn wir ein Mal-Event anbieten. Leider reagieren manchmal auch Kinder schon so. Eltern, Erzieher, Lehrer, die wohlmeinend (gehen wir freundlich davon aus) Kids mit ihren Vorstellungen vom richtigen Malen genormt haben. „Ein Haus hat Fenster.“, „Du hast ja über die Begrenzungen gemalt!“, „Ich zeig dir jetzt mal, wie man Vögel malt.“, „Der Himmel ist nicht gelb!“, „Du kannst Menschen doch viel schöner malen!“, „Das ist nur Gekritzel!“. Viele von euch haben wahrscheinlich ähnliche Erinnerungen aus ihrer Kindheit. Und einige haben dadurch den Spaß am Malen verloren. Gebt ihr das auch an eure Kinder weiter, ohne groß drüber nachzudenken?

Malen kann ein Spiel sein!

Denkt euch dazu zurück in die Kindheit. Erinnert ihr euch an lange Spieltage draußen, in der Wohnung bei Regen, alleine, mit Geschwistern, Freunden? Ohne Vorgaben, Regeln und – ohne Erwachsene. Wenn Kinder losgelöst, ganz aus sich heraus spielen, dann geht es nur darum, was gerade passiert und was als nächstes kommt. Aus einem entwickelt sich das andere. Das ist alles. Das ist frei. Genau so kann auch Malen sein. Malen als eine Spielwelt, in die man abtauchen und drumherum alles vergessen kann: Das Flow-Erlebnis!!! Aktiv sein, vollkommen versunken in der Gegenwart, von Augenblick zu Augenblick. Solange, bis… „So. Fertig!“

SPIELEN. Ein bisschen Ergotherapie-Fachsimpelei:

Tätigkeit, die ohne bewussten Zweck zum Vergnügen, zur Entspannung, aus Freude an ihr selbst und an ihrem Resultat ausgeübt wird.

Google Wörterbuch

Freies, unkontrolliertes Spielen, rein aus der Fantasie heraus, mit eigenen Ideen, fehlt vielen Kindern. Wenn Erwachsene in der Nähe sind, kommen schnell mal die ‚guten Vorschläge‘, wie man es besser machen könnte. Oder die Kids spielen mit Spielzeug, das ihnen den Spielverlauf vorgibt, gar keine Wahl lässt. Das fängt schon von klein auf an mit dem ‚Activity Center‘ für Babys. Spielen auf Knopfdruck. In extremer Form sind das alle digitalen Spiele. Der Weg des ‚Spiels‘ ist vorgegeben: Es soll ein Erfolg dabei rauskommen. Aber, wenn Kinder frei spielen können, dann machen sie das ohne jeglichen Gedanken ans Ergebnis!

Kinder sind die Spielexperten! Das ist unser Motto in der Therapie. Kinder brauchen keine Ratschläge dabei. Wir bieten ein passendes Spielumfeld an (wir wissen welche Spiele Kinder lieben!), besprechen ein paar wenige Grundregeln, zum Umgang miteinander, zum Umgang mit Spielsachen. Diese Regeln werden konsequent beachtet. Dabei sind wir die Vorbilder. Ansonsten sind wir Spielpartner. Sonst nichts. Die Kinder bestimmen das Spiel. Es soll nichts trainiert werden in der Spielzeit! Dazu gibt es andere Programme. Stirnrunzeln bei euch? Was das soll?

Kurz und knapp: Freies Spielen fördert eine starke Persönlichkeit.

Spielen ist gut für:

  • die Ausdrucksfähigkeit: Wie geht es mir gerade, wie fühle ich mich? Was zeige ich von mir?
  • das Selbst-Bewusstsein: Ich kann bestimmen, was, wie und womit ich spiele und dabei selbstständig Entscheidungen treffen. Ich entscheide!
  • die Phantasie: Was kommt als Nächstes? Das was ich möchte! Ich erfinde!
  • die Risikobereitschaft: Was wohl passiert? Ich probiere es aus!
  • die Kreativität: Wie bekomme ich das hin, was ich vorhabe? Was fällt mir dazu ein?
  • das Selbst-Vertrauen: Ich krieg das hin, auch wenn ich ein paar Versuche brauche.
  • das Vertrauen in andere: Wir sind ein Team, zusammen, und wir alle haben tolle Ideen!

Das Kind anregen zu müssen, das glauben wir nur. Weil wir zu wenig Ahnung davon haben, was jeder Mensch an Entfaltungsmöglichkeiten mit auf die Welt bringt. Heinrich Jakoby aus: Margit Franz (2016), Heute wieder nur gespielt

Spielend malen. Tipps aus der Praxis: Vier Malspiele mit euren Kindern.

In unserer Praxis wird viel gemalt. Denn: Die Kinder zu unterstützen, damit sie kleine, glückliche und starke Persönlichkeiten werden, das ist die Aufgabe, die wir uns stellen. Spielend malen ist immer ein starkes Erlebnis, für die Kids und uns.

Und das sind die Lieblings-Malspiele der Kids bei uns in der Praxis:

1. Die Malwand, 2. Mal du mal weiter!, 3. Wassermalen und 4. Malen mit Schaum.

Tipp 1: Die Malwand. Eine Malwand zu Hause anbringen

Hier können Kinder nach Lust und Laune frei malen! Eine Fläche, die immer bereit steht. Die Größe ist variabel, in kleinen Wohnungen wird auch die Malfläche eben kleiner… Und, ja, die Kids malen (meist) im Stehen. Machen sie gerne. Die Fläche soll in der Höhe so angebracht werden, dass die weißen Malpapiere auf Augenhöhe der Kinder angepinnt werden können. Der Vorteil vom Malen im Stehen: Freiraum zum Bewegen, die Kids sind mit dem ganzen Körper in Aktion (ein Plus für die Körpermotorik!).

Ihr braucht:

  • Presskorkplatten 4 mm, Abmessung: 100 x 50 cm (gibt’s im Korkversand)
  • doppelseitiges Klebeband
  • festes Packpapier in Rollen oder Kraftpapier in Bögen 100 x 72 cm (gibt’s im Zeichenbedarf)
  • Reißzwecken

Je nach Größe eurer Malwand besorgt ihr entsprechend Korkplatten und Papier.

Die Korkplatten mit dem doppelseitigen Klebeband auf der Wand befestigen (besser über die ganze Länge der Platten kleben!). Der Stoß der Platten sollte passgenau sein.

Das Packpapier auf die Größe der Korkplatten zuschneiden und mit Reißzwecken oder auch mit dem doppelseitigen Klebeband aufbringen.

Schon ist die Malwand, hier eine kleine aus 2 Korkplatten, fertig.

Das Malmaterial in der Kiste für unsere Zweijährige:

  • Temperafarben-Set für Kinder, malfertig
  • 2 feste Pinsel mit ergonomischem Griff
  • Tesakrepprolle zum Befestigen der Malpapiere (Pinnnadeln sind unkomplizierter zur Befestigung. Trotzdem nur dann verwenden, wenn ihr KONSTANT dabei bleibt!)
  • standfester Becher für das Pinsel-Auswaschwasser
  • 3 bis 4 flache Gläser oder Deckel als Farbtöpfchen
  • alter Lappen zum Pinsel trocken tupfen
  • altes Handtuch für den Boden (zum schnellen Wegwischen von Tropfen)
  • und natürlich die Material-Kiste, eventuell eine weitere obendrauf als Ablage (wir haben dafür 2 Kisten gestapelt und mit Röllchen zum Schieben versehen)
  • große, feste, weiße Papierbögen, mindestens in DIN A3 oder besser DIN A2 Größe (auf dem Foto haben wir die Papiere geschnitten, damit drei Mädels malen können…). Bitte spart nicht beim Malpapier!
  • Malkittel aus Stoff (vielleicht ein altes T Shirt).

Eine kleine Malwerkstatt

Gemeinsam mit den Kids werden die Malpapiere befestigt. Die Kinder halten den Papierbogen an die Wand vor sich, ihr pinnt oder klebt ihn an. Befüllt 3 oder 4 Gläschen mit den Farben, die sich euer Kind aussucht. Ältere Kinder können sich auch auf einer Farbpalette selbst mehrere Farben einfüllen. Der Lappen liegt auf der Ablage (umgedrehte Kiste), wo auch die Farbtöpfchen und der Wasserbecher zum Pinsel auswaschen stehen. Den Becher solltet ihr immer wieder mal mit frischem Wasser auffüllen. Gemalt wird mit einem kräftigen Pinsel, der zwischendurch im Wasserbecher zum Säubern fest aufgestupst werden kann, dann auf dem Lappen ‚trockengestupst‘ wird. Auch möglich: Statt mit Pinsel mit einem Finger malen. Zusammen sauber gemacht wird erst nach dem ‚So. Ich bin fertig.‘.

Bleibt dabei, schaut zu, freut euch an der Fantasie und Kreativität. Zeigt das, aber haltet euch zurück mit Kommentaren zum Bild. Was ihr machen könnt: Hin und wieder erinnern an die Regeln. Gemalt wird nur auf der weißen Papierfläche, wobei über den Papierrand kommen beim Malen dazugehört; das ist gar kein Problem auf einer Malwand, wie ihr sehen könnt auf dem Foto mit dem Einhorn-Bild weiter oben.

Übrigens: das Original Malspiel nach Arno Stern, mit großen Malwänden, gibt es in vielen Malorten. Links dazu findet ihr am Ende des Beitrags.

Tipp 2: Mal du mal weiter! Ein Teamspiel

Drei, vier, fünf Kids malen an ihren Bildern, rutschen jeweils einen Platz weiter zum Bild nebenan, wenn der Wecker klingelt, und malen dort weiter!

Ihr braucht:

  • Kurzzeitwecker
  • .pro Kind einen DIN A3 Papierbogen
  • Farbstifte oder Kreiden
  • Tesakrepprolle

Die Runde kann einmal durchlaufen oder auch mehrere Male, je nachdem wieviel Spaß die Kids dabei haben. Die Papierbögen werden auf einem Tisch mit Tesakrepp an den Ecken befestigt. Viele Farbstifte, noch besser farbintensive Wachsmalkreiden oder, wie hier, Ölpastellkreiden werden in die Mitte gestellt. Der Wecker wird gestellt, ca. fünf Minuten pro Runde. Jedes Kind beginnt an einem Blatt. Sobald der Wecker klingelt, rutschen alle auf den Platz nebenan und malen an diesem Bild weiter. Und so fort… die Kids sind immer sehr gespannt, was aus ihrem zuerst begonnenen Bild wird!

Tipp 3: Wassermalen. Experimentieren mit Farben

Die Technik heißt eigentlich Marmorieren, womit die Kids aber gar nichts anfangen können. Das ‚Wassermalen‘ ist ihre Erfindung!

Ihr braucht:

  • eine alte eckige Wanne, in die mindestens ein DIN A4 Bogen passt
  • Zeitungspapier, auf dem Tisch ausgebreitet
  • Holzstäbchen
  • Marmorierfarben (meine Lieblingsfarben kommen aus Japan)
  • feste weiße Papiere, auf die Größe der Wanne zugeschnitten

Die Schüssel wird zu einem Drittel mit Wasser gefüllt. Mit der fertigen Farbe in Fläschchen werden vorsichtig Tropfen auf die Wasseroberfläche getropft, die sich darauf ausbreiten.

Mit dem Stäbchen kann man die Farbflächen bewegen, so dass ein Marmoriermuster entsteht.

Das vorbereitete Papier wird glatt auf die Wasseroberfläche gelegt, dann nach einem kurzen Moment, wenn es vollkommen aufgelegen hat, mit dem Stäbchen angehoben und rausgenommen. Auf das Zeitungspapier legen zum Trocknen.

Jedes Mal ein ‚Wow‘! Wunderschön zum Anschauen.

Tipp 4: Schaumbilder. Malen mit Schaum und Fingerfarbe

Eindeutig die Nummer eins, besonders bei den jüngeren Kids! Eine ausführliche Anleitung zum Malen mit Schaum gibt es in meinem Extra-Beitrag: Schaumbilder: Malen mit den Händen. Lieblingsbeschäftigung!

Mal mal mit Erde!

Noch ein Tipp! Ein Mal-Experiment mit viel Spielpotential: Malen mit Erde. Meine drei kleinen Enkelinnen (und ich!!!) freuen sich schon riesig auf dieses geplante Malprojekt in den Sommerferien…

Du bist die Malerin. Du bist der Maler.

Das ist, was wir sagen, wenn die Kinder zögern vor dem leeren weißen Blatt oder wenn sie fragen ‚Hilfst du mir?‘. Ermutigung zum Selbst machen. ‚Ich bin mir sicher, du kannst das.‘ Die kleine Frage: ‚Mit welcher Farbe willst du anfangen?‘ reicht meistens schon und es wird gemalt.

Bedenkt: Hier entsteht keine Kunst. Künstler wollen mit ihren Kunstwerken etwas darstellen, eine Aussage machen. Kinderbilder haben keine Botschaft, sondern sind Ausdruck von Gefühlen, Stimmungen, Erfahrungen. Zusammen anschauen, staunen, freuen, das gefällt den Kindern. Durch Anleitung oder Bewertungen geht der spielerische Charakter verloren.

Kinder sind für die Gefühle der Erwachsenen, auch unausgesprochene, besonders die ihrer Eltern, sehr empfänglich. Ein angespannter Gesichtsausdruck, ein gelangweiltes Wegdrehen… es ist fast unmöglich, Gefühle vor Kindern zu verbergen. In der therapeutischen Begleitung versuchen wir zu jeder Zeit, in der wir mit Kindern zusammen sind, präsent zu sein. Das bedeutet: mit Hirn und Herz bei der Sache sein. Zuschauen, beobachten. Kinder spüren das. Und es macht sie froh.

Viel Spaß beim Malen mit den Kids!

Infos aus dem Netz zum Malspiel nach Arno Stern

So kann das Malspiel stattfinden: Ein kurzer Film (Youtube)

Das Malspiel wunderschön erklärt in einem Interview : https://chezmamapoule.com

Ein Malort in Kaiserslautern: https://malort-kaiserslautern.de/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert