Der Tag für gewaltfreie Erziehung am 30. April ist einer von massenhaft gelisteten Aktionstagen, dennoch ein unglaublich wichtiges Datum, bei mir rot angestrichen im Kalender. Wieso? Schlechte Erfahrungen. Viel zu viele Kinder, die im therapeutischen Alltag so ganz nebenbei von Klapsen, Ohrfeigen und anderen körperlichen Bestrafungen bei ihnen zu Hause plaudern. Immer noch!
Wichtig zu wissen
In Deutschland gilt das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung seit mehr als 20 Jahren (08.11.2000) und steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 1631 Abs. 2 BGB): „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig“. Außerdem gibt es den § 16 SGB VIII Abs. 1, der vorsieht, dass Eltern unterstützt und ermutigt werden sollen, Konfliktsituationen in der Familie gewaltfrei zu lösen.
Das bedeutet: Eine körperliche Bestrafung, etwa durch Prügel, aber auch durch Ohrfeigen oder Klapse, ist verboten. Auch festes Zupacken oder Angst auslösendes Bedrängen sind nicht erlaubt, ebenso wenig seelische Verletzungen wie das Bloßstellen oder lächerlich Machen eines Kindes.
Schläge, auch Ohrfeigen, sind als Körperverletzung nach § 223 StGB grundsätzlich strafbar.
Eine schockierende Studie
Was hat sich getan in der Gesellschaft und in den Familien? Eine Studie von 2020 erfasst die aktuelle gesellschaftliche Haltung gegenüber Körperstrafen in der Erziehung, basierend auf einer durchgeführten repräsentativen Umfrage. Die Zustimmung zu leichteren Körperstrafen (Beispiele: Klaps auf den Po, Ohrfeige) liegt immer noch über der 40%-Marke.
Interessant ist diese Studie mit differenzierten Angaben dazu, wie Menschen in Deutschland eingestellt sind zu körperlichen Strafen und damit der Gewalt gegen Kinder:„Aktuelle Einstellungen zu Körperstrafen und elterliches Erziehungsverhalten in Deutschland“
Ins Grübeln kommen
Der kurze Film „Niemals Gewalt“ kann aufrütteln. Vielleicht kommen auch wieder eigene Erinnerungen hoch aus der Kindheit, Gefühle, die verdrängt sind? Jede Ohrfeige, jeder Klaps war demütigend und verletzend. Kein Kind wird dadurch eine stärkere Persönlichkeit entwickeln.
Alternative zum Anschauen auf IMDb: Niemals Gewalt
Der Shortfilm von David Aufdembrinke (2009) ist inspiriert von einer Geschichte, die Astrid Lindgren erzählt, als sie 1978 den deutschen Friedenspreis bekommt. Ihre Rede ist absolut hörenswert. Mich hat sie sehr berührt. Solche klaren, mutigen Aussagen sind selten geworden.
Die Rede ist auf der Webseite des Friedenspreises als Audio zu hören.
Das sagt Astrid Lindgren: Ganz gewiss sollen Kinder Achtung vor ihren Eltern haben, aber ganz gewiss sollen auch Eltern Achtung vor ihren Kindern haben, und niemals dürfen sie ihre natürliche Überlegenheit missbrauchen.